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§ 209 - eine Menschenrechtsverletzung
Die Fakten
Vereinte Nationen (UNO)
1988 forderte ein von
der UNO (Wirtschafts- & Sozialrat) in Auftrag gegebener Bericht über die
"rechtlichen und sozialen Probleme von sexuellen Minderheiten" (Berichterstatter
Jean Fernant-Laurent) die Mitgliedstaaten auf, einheitliche Altersgrenzen für homo- und
heterosexuelle Handlungen zu setzen.
1994 entschied der Menschenrechtsausschuß
der Vereinten Nationen, daß Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung den
Internationalen (UN-)Menschenrechtspakt verletzt (Fall Toonen v. Commonwealth of
Australia).
Am 11. November 1998 hat der Menschenrechtsausschuß Österreich
ausdrücklich aufgefordert, das diskriminierende Mindestalter für homosexuelle Männer zu
streichen (concluding observations zu Österreichs Bericht unter dem
Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte).
Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
Die parlamentarische
Versammlung der OSZE verurteilte 1995 die Diskriminierung gleichgeschlechtlich
l(i)ebender Frauen und Männer. Die Versammlung verabschiedete mit überwältigender
Mehrheit die Ottawa-Deklaration, in der es heißt: "(the assembly) calls on
the member states to ensure that all persons belonging to different segments of their
population be accorded equal respect and consideration in their constitutions, legislation
and administration and that there be no subordination, explicit or implied on the basis of
... sexual orientation .."
Europarat
Bereits 1981 hat die Parlamentarische
Versammlung des Europarates die Mitgliedstaaten aufgefordert, einheitliche
Mindestaltersgrenzen für homo- und heterosexuelle Beziehungen festzulegen. Diese
Aufforderung hat sie im September 2000 wiederholt (Rec 1474(2000).
1997 hat die Europäische Kommission für
Menschenrechte entschieden, daß höhere Mindestaltersgrenzen für homosexuelle
Beziehungen als für heterosexuelle die Europäische Menschenrechtskonvention verletzen (Fall Euan Sutherland).
Die große Mehrheit der 43 Mitgliedstaaten des Europarates (auch
des ehemaligen Ostblocks) hat einheitliche Altersgrenzen festgelegt (siehe "Vergleich").
Europäische Union
Das Europäische
Parlament hat wiederholt (das erste Mal 1984) die Mitgliedstaaten aufgefordert,
einheitliche Mindestaltersgrenzen für homo- und heterosexuelle Beziehungen festzulegen.
In seinen "Entschließungen über die Achtung der Menschenrechte in
der Europäischen Union" für das Jahr 1995 (08.04.1997), 1996 (17.02.1998), 1997
(17.12.1998), 1998/99 (16.03.2000) sowie 2000 (5.7.2001) hat das Parlament Österreich ausdrücklich
aufgefordert, § 209 endlich aufzuheben.
Am 17.09.98 erklärte das EP in einer Dringlichkeitsresolution über
die Rechte von Lesben und Schwulen in der EG, daß es der Aufnahme von neuen
Mitgliedsstaaten die diskriminierende Vorschriften für Homosexuelle haben, nicht
zustimmen werde.18) Österreich wurde neuerlich aufgefordert,
sein diskriminierendes erhöhtes Mindestalter für schwule Beziehungen (§ 209 öStGB)
aufzuheben und alle danach Inhaftierten sofort freizulassen.19)
Kein EU-Land hat mehr eine vergleichbare
Regelung (siehe "Vergleich").
Amnesty International
Amnesty International
akzeptiert Gefangene auf Grund § 209 als Gewissensgefangene (auf Grund ihrer
"sexuellen Orientierung"). In diesem Sinne hat das Londoner Internationale
Sekretariat von ai im Februar 2000 einen auf Grund § 209 in Untersuchungshaft
angehaltenen Mann ausdrücklich als Gewissensgefangenen adoptiert und seine sofortige
Freilassung verlangt; seit Jahrzehnten der erste Gewissengefangene Österreichs!20)
In seinem Ende Mai 2001 präsentierten Jahresbericht
für 2000 hat Amnesty International erstmals § 209 StGB erwähnt und seiner
Sorge Ausdruck verliehen, daß Männer auf Grund des anti-homosexuellen
Sonderstrafgesetzes inhaftiert werden. Dr. Heinz Patzelt, Generalsekretär von
ai-Österreich, verurteilte § 209 als verabscheuungswürdige archaiische
Legaldiskriminierung und forderte die sofortige Freilassung aller danach inhaftierten
(Gewissens)Gefangenen.
Österreich
1991 hat sich im Zuge
des Begutachtungsverfahren zu einem Strafrechtsänderungsgesetz 1991 die
überwiegende Mehrheit der begutachtenden Stellen für die sofortige ersatzlose Streichung
des § 209 StGB ausgesprochen. Das Justizministerium hat daraufhin eine
interministerielle Arbeitsgruppe bestehend aus VertreterInnen des Justiz-, des
Gesundheits- sowie des Jugend- und Familienministeriums eingesetzt, die nach Anhörung von
ExpertInnen - wie diese - einhellig zu der Auffassung gelangt ist, daß § 209 StGB
ersatzlos zu streichen sei.
In dem von der österreichischen Bundesregierung auf Initiative des
Nationalrates in Auftrag gegebenen Expertenbericht zur UN-Kinderrechtskonvention
("Kinderbericht" 1993) wird festgestellt, daß § 209 StGB sowohl die
sexuelle Selbstbestimmung als auch den Gleichheitssatz verletzt.
Der Österreichische Bundesjugendring forderte im Jänner 1994 in
einer Resolution die sofortige ersatzlose Streichung des § 209.
Im März 1994 brachte die Bundesregierung im Nationalrat eine
Regierungsvorlage zu einem Strafrechtsänderungsgesetz 1994 ein, in der sie vorschlug, die
§§ 220 und 221 StGB (Werbe- und Vereinsverbot für Homosexuelle) ersatzlos zu
streichen und § 209 StGB in die parlamentarischen Beratungen miteinzubeziehen. Sie
führte darin aus, daß "der Umstand, daß die Aufhebung (auch) des § 209 StGB
[
] nicht vorgeschlagen [werde], [
] jedoch nicht dahingehend zu verstehen
[sei], daß die Aufrechterhaltung dieser Regelung auch künftig und ohne weitere
Diskussion als erforderlich oder wenigstens als vertretbar angesehen werden [könne].
Der Justizausschuß des österreichischen Parlaments führte im
Oktober 1995 eine Expertenanhörung zur Frage der Aufhebung des § 209 öStGB
durch, in der sich elf der 13 gehörten Sachverständigen aus den Gebieten der Theologie,
der Medizin, der Psychotherapie, der Sexualwissenschaft, der Psychologie und der
Rechtswissenschaften, nicht zuletzt gerade im Interesse des Jugendschutzes, für die
sofortige und ersatzlose Streichung des § 209 StGB aussprachen.
Im Gefolge dieser Expertenanhörung richteten die Österreichische
Gesellschaft für Sexualforschung (ÖGS) im Mai 1996 und die Ständige Konferenz
der Kinder- und JugendanwältInnen Österreichs im November 1996 eindringliche Appelle
an die Abgeordneten zum österreichischen Parlament, § 209 StGB gerade im Interesse
der Jugendlichen selbst ersatzlos aufzuheben.
Sämtliche rechtswissenschaftliche Arbeiten der letzten Jahre an
Österreichs Universitäten zur Thematik des § 209 StGB haben sich für die
ersatzlose Streichung dieses Gesetzes ausgesprochen und dessen Verfassung- und
Konventionswidrigkeit kritisiert. Am 25. November 1996 verfaßten 13 Rechtswissenschafter
der Universitäten Wien und Innsbruck (Vertreter des Strafrechts, des Verfassungsrechts,
der Rechtsphilosophie, der Rechtsgeschichte und der Rechtssoziologie) eine "Erklärung
österreichischer RechtslehrerInnen", in der sie die Streichung des § 209
fordern.
Am 27. November 1996 stimmten 91 Nationalratsabgeordnete für die
Streichung des § 209 StGB, 91 dagegen.
Der österreichische Justizminister, Dr. Nikolaus Michalek, hat
sich auch danach wiederholt für die Aufhebung des § 209 StGB ausgesprochen und die
von ihm im Dezember 1996 eingesetzte Expertenarbeitsgruppe zur Gesamtrevision des
österreichischen Sexualstrafrechts auch mit dieser Frage beauftragt. Auch Justizminister
Dr. Dieter Böhmdorfer erklärte für eine Streichung des § 209 "offen" zu
sein.
Absurderweise hat sogar der
Nationalrat nur 6 Tage nach der o.a. Abstimmung über § 209, am 03.12.1996, "die
Bundesregierung ... aufgefordert, im Zuge der Regierungskonferenz (der EU zum Amsterdamer
Vertrag, Anm.) ... mit Nachdruck dafür einzutreten, daß ein Verbot der Diskriminierung
insbesondere auf Grund ... der sexuellen Orientierung ... in die Verträge aufgenommen
wird"!
Am 17. Juli 1998 hat das österreichische
Parlament (Nationalrat) jedoch neuerlich einen Initiativantrag zur Streichung des §
209 StGB abgelehnt. Diesmal haben die Abgeordneten der Sozialdemokratischen Partei (SPÖ)
wegen der Regierungskoalition mit der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP)
während der Abstimmung den Saal verlassen. Davor verurteilten sie jedoch leidenschaftlich
die in § 209 StGB verankerte Verletzung der Menschenrechte.
In der parlamentarischen Debatte hat die Justizsprecherin der
konservativen ÖVP und Vorsitzende des parlamentarischen Justizausschusses, Dr. Maria
Fekter, die ablehnende Haltung ihrer Partei mit der Notwendigkeit betont, homo- und
bisexuellen Jugendlichen, wie dem Beschwerdeführer, "ein schlechtes Gewissen wegen
ihrer sexuellen Orientierung (zu) machen".
Ironischerweise änderte das österreichische Parlament jedoch in
derselben Sitzung (einstimmig!) den § 72 StGB, sodaß nun im formellen und materiellen
Strafrecht auch gleichgeschlechtliche Lebensgefährten als "Angehörige" gelten
und damit verschiedengeschlechtlichen nicht-ehelichen Lebensgefährten im gesamten Straf-
und Strafprozessrecht vollkommen gleichgestellt sind (wodurch ihnen etwa ein
Zeugnisentschlagungs- und verweigerungsrecht im Strafprozeß zukommt und die
Begünstigung des Partners etc. nicht mehr strafbar ist).
In den Jahren 1999 und
2000 verabschiedeten die Stadtparlamente von Linz, Wien und Salzburg
"Deklarationen für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung", in denen sie
Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung nachdrücklich verurteilten und den
Nationalrat und den Bundesrat der Republik Österreich aufforderten, "rasch die
gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, dass Bürgerinnen und Bürger auf Grund ihrer
geschlechtlichen Orientierung in keinerlei Hinsicht mehr diskriminiert werden". Im
März 2001 hat das Parlament (der Landtag) des Bundeslandes Steiermark die
Bundesregierung sogar aufgefordert, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit
verschiedengeschlechtlichen gleichzustellen.
Im Bundesland Oberösterreich
wurde mit der Oö. Landes-Verfassungsgesetz-Novelle 2001 der oö Landesverfassung
ein Bekenntnis "zum Verbot jeglicher Diskriminierung im Sinn der Europäischen
Menschenrechtskonvention" einverleibt (Art. 9 Abs. 4), welches Bekenntnis sich insb.
auch auf das Verbot von Diskriminierung auf Grund "sexueller Orientierung"
bezieht:
"Art.
9 Abs. 4 enthält ein deklaratives Bekenntnis zum bundesverfassungsgesetzlich
gewährleisteten Gleichheitsgrundsatz sowie ein allgemeines Diskriminierungsverbot. Damit
ist ein Ziel des Landes und ein Auftrag an die Gesetzgebung und die Vollziehung des Landes
verbunden, alle Formen der Benachteiligung von Menschen zu unterlassen und alle Formen der
Diskriminierung zu vermeiden. Die Organe des Landes haben bei der Erfüllung ihrer
Aufgaben daher alles zu unterlassen, was eine Diskriminierung insbesondere auf Grund des
Geschlechtes, des Alters, einer Behinderung oder der sexuellen Orientierung
darstellt." (Erläuternde Bemerkungen).
Das Oberlandesgericht Graz
hat im November 2000 einen, durch die Gleichstellung der Lebensgemeinschaften in § 72
StGB und die Streichung der §§ 210, 220 und 221 StGB auch vom Gesetzgeber zum Ausdruck
gebrachten, grundlegenden Einstellungswandel der Gesellschaft gegenüber der
Homosexualität konstatiert und daraus unter Hinweis auf Art. 14 EMRK geschlossen, dass
die strafrechtliche Sonderbehandlung gleichgeschlechtlicher Pornographie nicht mehr
aufrechterhalten werden könne:
"Betrachtet man die legistische Entwicklung, so muss nicht nur von
einer revidierten Einstellung des Gesetzgebers gegenüber der Gleichgeschlechtlichkeit
ausgegangen werden, sondern auch davon, dass sich die Einstellung der primär
heterosexuell orientierten Gesellschaft gegenüber der Homosexualität wandelte, kann man
doch dem demokratischen Gesetzgeber nicht unterstellen, gesellschaftlich kontraindiziert
vorgegangen zu sein. Diesem Befund, nämlich einer doch wesentlich geänderten
gesellschaftlichen Haltung gegenüber der Homosexualität, entspricht die im Alltag
insbesondere auch medial zu beobachtende Toleranz bishin zur Akzeptanz in vielen
Bereichen. Im Lichte der gesellschaftlichen und rechtlich geänderten Verhältnisse ist
das für die Annahme einer absoluten Unzüchtigkeit im Sinne des § 1 PornG allein
verbleibende Kriterium der Gleichgeschlechtlichkeit nicht mehr ausreichend. Diese
Auslegung entspricht auch dem Diskriminierungsverbot des Art 14 EMRK, der eine
unterschiedliche Behandlung des Heterosexuellen gegenüber dem Homosexuellen dann als
diskriminierend ansieht, wenn sie keine objektive und sachliche Rechtfertigung aufweist,
also kein legitimes Ziel verfolgt, oder wenn zwischen den eingesetzten Mitteln und dem
angestrebten Ziel kein angemessenes Verhältnis besteht (vgl Urteile des EGMR vom
21.12.1999 NLOO/l/8 im Verfahren Da Silva Mouta gegen Portugal sowie vom 1.7.1997,
NL97/6/3 im Verfahren Sutherland gegen Großbritannien)." (Seite 15f)
Die Fraktionen der
Sozialdemokraten und der Grünen haben im Oktober 1999 bzw. Jänner 2000 neuerlich
parlamentarische Anträge auf Aufhebung des § 209 StGB eingebracht (Anträge 10/A und
69/A XXI.GP). Zu deren Behandlung hat der Justizausschuß des Nationalrates einen eigenen
Unterausschuß eingesetzt, der sich am 18. September 2000 zwar konstituiert, seither
jedoch kein einziges Mal getagt hat ( www.parlament.gv.at).
Auch der nunmehrige österreichische Justizminister, Dr. Dieter
Böhmdorfer, hat im Mai 2001 erklärt, für eine Streichung des § 209 StGB offen zu
sein; er warte lediglich auf Signale der derzeitigen Regierungsparteien, dass dafür eine
parlamentarische Mehrheit gegeben sei. Bereits im Dezember 2000 hat er in Beantwortung
einer parlamentarischen Anfrage aus Anlaß der Anhaltung des Bf in der Anstalt für
geistig abnorme Rechtsbrecher ausgeführt, dass im Rahmen der parlamentarischen Beratungen
insbesondere der Bericht der Kommission im Fall Sutherland (EKMR: Sutherland v UK 1997,
01.07.1997) "zu beobachten sein" wird (in welchem Bericht die Kommission
Sonderaltersgrenzen für homosexuelle Handlungen für konventionswidrig erklärt hat (par.
66).
Am 29.12.2000 hat das österreichische Parlament das Ehemündigkeitsalter
für Frauen und Männer einheitlich bei 18 Jahren festgelegt und bestimmt, dass auch 16
und 17jährige eine Ehe eingehen können, wenn dies das Gericht genehmigt, wobei
Voraussetzung für eine solche Genehmigung die Volljährigkeit ihres Partners ist (KRÄG
2001 Art. II Z. 1). Damit werden im heterosexuellen Bereich genau jene
Beziehungskonstellationen (Partner unter 18 mit volljährigem Partner) präferiert und
gefördert sowie hinsichtlich der Eheschließungsmöglichkeit 16 und 17jähriger
Jugendlicher sogar als die einzig möglichen vorgeschrieben, die im
männlich-homosexuellen Bereich als Sexualverbrechen verfolgt werden ...
In ihrer Regierungsvorlage zum Kindschaftsrechtsänderungsgesetz (KRÄG)
2001 hat die österreichische Bundesregierung ausgeführt wie folgt:
"Wirtschaftliche
Veränderungen, neue Medien, Änderungen in der Arbeitswelt, im Bildungssystem und in den
sozialen, insbesondere familiären Strukturen stellen nicht nur neue Herausforderungen
für die heranwachsenden Menschen dar, sondern führen auch zu einem höheren
Selbstbewusstsein der Jugend. Der Prozeß des Suchens und Strebens nach der eigenen
Identität und nach Identifikationen im Umfeld, aber auch nach Eigenständigkeit und
Selbstverantwortung setzt in jüngeren Jahren ein. Von entsprechenden
gesamtgesellschaftlichen Tendenzen verstärkt ist die Bereitschaft, sich kalkulierbaren
Gefahren und Herausforderungen zu stellen, deutlich größer geworden. Generell treten
Heranwachsende derzeit früher in den Status des Jugendlichen ein. In der Kinder- und
Jugendpsychiatrie wird diese Entwicklung als verbreitertes Jugendalter
beschrieben. Bei einer großen Mehrheit der Jugendlichen ist dieser Prozeß auch davon
begleitet, dass sie sich früher als bisher mit grundlegenden Fragen und Problemen unserer
Gesellschaft selbständig und durchaus kritisch auseinandersetzen. Damit ist tendentiell
auch eine frühere Reifung der Gesamtpersönlichkeit verbunden. In der öffentlichen
Diskussion immer wieder für verschiedenste Bereiche (zB für das kommunale Wahlrecht)
erhobene Forderungen nach erweiterten Möglichkeiten altersadäquater Mitbestimmung für
Jugendliche spiegeln diese Entwicklung wieder ... In der Gesellschaft hat sich die
Überzeugung verfestigt, dass die Rechtsordnung dem Menschen die verfassungsrechtlich
garantierte Selbstbestimmung auch im täglichen Leben gewährleisten muß, und zwar
in der Terminologie des Pflegschaftsrechts grundsätzlich unabhängig von Alter,
geistiger Behinderung und psychischer Krankheit, sofern nur die sogenannte natürliche
Einsichts- und Urteilsfähigkeit gegeben ist. Ordnet das Gesetz anstelle möglicher
Eigenbestimmung Fremdbestimmung ohne sachliche Rechtfertigung an, so gerät es mit dem
modernen Grundrechtsverständnis zunehmend in Konflikt."
Und weiter hinsichtlich
medizinischer Behandlungen:
"In den Expertengesprächen zur Vorbereitung de Entwurfs wurde das
Problem der Beurteilung der Einsichts- und Urteilsfähigkeit im Einzelfall ausführlich
diskutiert. Bei aller nach dem Vorhergesagten notwendigen Flexibilität darf auch das
Bedürfnis nach Rechtssicherheit, vor allem für diejenigen, die eine medizinische
Behandlung vorzunehmen haben, nicht vernachlässigt werden. Zu dieser Frage wurde der
Stand der rechtspolitischen Diskussion beobachtet und vor allem auch die Meinung
führender Vertreter aus den Fachgebieten der Kinder- und Jugendneuropsychiatrie und der
Kinderpsychologie eingeholt. Für Zweifelsfälle schlägt demnach der Entwurf eine
gesetzliche Vermutung für das Vorliegen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit und
zwar unabhängig von der Schwere und Bedeutung der Behandlung ab dem vollendeten
14. Lebensjahr (also bei mündigen minderjährigen Kindern) vor." (Seite 16; vgl.
auch die Ausführungen zur selbständigen Verfahrensfähigkeit ab dem 14 .Lebensjahr im
Pflegschaftsverfahren, Seiten 20ff)
Nach wie vor werden nach § 209 Jahr
für Jahr über 40 neue Strafverfahren eingeleitet und mehr als 30 Männer verurteilt,
wobei die verhängten Strafen immer härter werden. Gelegentlich erfolgt sogar eine
Einweisung (auf unbestimmte Zeit) in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. 1998
erreichten die Verurteilungen nach § 209 den höchsten Stand seit 1988 und 1999
überschritten sie seit Einführung des Gesetzes im Jahre 1971 die Grenze
von 1000 Verurteilungen. Jugendliche werden regelmäßig erheblichem Druck ausgesetzt, um
gegen ihren Partner auszusagen und, wenn sie dazu nicht bereit sind, immer wieder Opfer
polizeilicher Brutalität. Entsprechende Beschwerden werden von den Behörden nahezu nie
ernstgenommen.
Mit Stichtag 19.03.99 befanden sich 11 Männer wegen § 209 StGB in Haft:
5 in Untersuchungshaft, 5 in Strafhaft und einer (für unbestimmte Zeit) in einer Anstalt
für geistig abnorme Rechtsbrecher. Anfang 2000 waren eine Person in Untersuchungshaft, 8
Männer in Strafhaft sowie zwei (für unbestimmte Zeit) in einer Anstalt für geistig
abnorme Rechtsbrecher. Im Mai 2001 befanden sich 6 Männer in Strafhaft bzw. in einer
Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. www.RKLambda.at
18) Diese Erklärung
wiederholte das Parlament in seinen Entschließungen über die Lage der Menschenrechte in
der EU für die Jahre 1998 und 1999 sowie 2000. 19)
Diese Forderung auf sofortige Freilassung aller nach § 209 Inhaftierten wiederholte das
Parlament in seinen Entschließungen über die Lage der Menschenrechte in der EU für die
Jahre 1998 und 1999 sowie 2000. |
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